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Arbeitskreis "Die Bonner Polizei während der NS-Zeit"

EXPOSÉ

Vorbemerkung

Die 1990er Jahre stehen im Zeichen einer außerordentlich kontroversen Diskussion über die Rolle der Deutschen in der Zeit des Nationalsozialismus. Verantwortlich waren hierfür neben der Ausstellung "Vernichtungskrieg" vor allem auch die Bücher "Ganz normale Männer" (1992) des kanadischen Historikers Christopher R. Browning und "Hitlers willige Vollstrecker" (1996) des Amerikaners Daniel Jonah Goldhagen. Beide Autoren richteten das Augenmerk der Forschung dabei auf die bislang nur sehr unzureichend oder gar nicht untersuchte Rolle der Polizei während der NS-Diktatur und ihre Beteiligung an der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik. Die Bücher und die daraus resultierende Diskussion regten in den letzten Jahren zahlreiche Studien an, die sich überregional und regional mit der Polizei in der Zeit von 1933 bis 1945 beschäftigten. Damit gilt das Forschungsinteresse einem der zentralen Machtpfeiler des NS-Staates.

Ebenso wie für andere Städte muß in diesem Zusammenhang jedoch für Bonn festgestellt werden: Die Geschichte der Bonner Polizei während der nationalsozialistischen Diktatur ist noch immer ein Desiderat der Forschung! Parallel zu ähnlichen Initiativen in Köln, Dortmund, Düsseldorf oder Wuppertal kam es daher 1998 zur Gründung eines Arbeitskreises zur Erforschung der Bonner Polizeigeschichte.

Entstehung des Arbeitskreises "Die Bonner Polizei während des NS-Regimes"

Vom 30.9. bis zum 1.11.1998 wurde von der Bundesstadt Bonn in der Beethovenhalle die Ausstellung "Vernichtungskrieg - Verbrechen der Wehrmacht" des Hamburger Instituts für Sozialforschung präsentiert. Parallel dazu wurde vom 6. bis zum 30.10.1998 die Ausstellung "Die Polizei im NS-Staat" der Hamburger Landespolizeischule in der Polizeiinspektion Bonn-Mitte gezeigt, die die Beteiligung der sogenannten "Polizeibataillone" am Holocaust zum Thema hatte. Mit dieser Ausstellung und einem gleichnamigen Themenabend wollten das Bonner Forum BürgerInnen und Polizei e.V. und die Evangelische Polizeiseelsorge gegenüber der Öffentlichkeit deutlich machen, daß sich die heutige Polizei der Erforschung der dunklen Kapitel ihrer Vergangenheit stellt. Die Veranstalter erfuhren dabei die ausdrückliche Unterstützung des Bonner Polizeipräsidenten, Dierk H. Schnitzler.

Während der Ausstellung wurde eine Liste ausgelegt, in der sich diejenigen Besucher eintragen konnten, die Interesse hatten, sich an einem etwaigen Projekt zur Aufarbeitung der Geschichte der Bonner Polizei zu beteiligen. So fand am 4.12.1998 ein erstes Sondierungsgespräch statt, an dem Mitglieder des Bonner Forums, Bonner Polizeibeamte, Historiker, Journalisten und Zeitzeugen teilnahmen. Eine Arbeitsgruppe konstituierte sich, die sich von nun an einmal im Monat traf und diesen Turnus auch für die Zukunft beibehalten wird. ähnlich wie in Köln, wo das Projekt "Die Kölner Polizei im Nationalsozialismus" von Polizeipräsident Jürgen Roters gefördert wird, ist auch der Bonner Polizeipräsident bereit, das Projekt logistisch und ideell zu unterstützen. Eine finanzielle Unterstützung erwies sich jedoch für das Polizeipräsidium als nicht möglich.

Erste Aufgabe der Arbeitsgruppe war es, das Projekt thematisch einzugrenzen und genau zu beschreiben. Um zu überprüfen, ob die beschriebene historisch-politische Fragestellung auf der Basis der Literatur, der vorhandenen Archivalien und mit Hilfe der Aussagen von Zeitzeugen beantwortet werden kann, verschaffte sich die Arbeitsgruppe einen überblick über die Quellen- und Literaturlage und ließ in verschiedenen Zeitungen einen Aufruf an Zeitzeugen abdrucken. Eine Bibliographie zum Thema wurde erstellt.

Das Projekt

Erforscht werden soll die Geschichte der Bonner Ordnungspolizei und Sicherheitspolizei (Kriminalpolizei und Gestapo) sowie der in Bonn bestehenden Polizeischule während des Nationalsozialismus. Die personelle Struktur, die Aufgabengebiete und der Arbeitsalltag der einzelnen Bonner Polizeieinheiten sollen beschrieben werden. Es soll gefragt werden, inwieweit die Polizei zum nationalsozialistischen Herrschaftsinstrument umgeformt wurde und ob und zu welchen Gelegenheiten sie gegen Oppositionelle, Juden, Sinti und Roma sowie andere rassisch und politisch Verfolgte eingesetzt wurde. Gab es Widerstände gegen die Gleichschaltung, wurden Befehle stets auf gleiche Art und Weise befolgt und leisteten in manchen Fällen auch Beamte Hilfestellungen für Verfolgte? Dies sind weitere Fragen, die gestellt werden sollen. Ebenso wird der Abkommandierung Bonner Beamter zu Polizeibataillonen und ihrer möglichen Beteiligung an Verbrechen nachgegangen. Reichsweite Verfolgungsaktionen, wie etwa die Reichspogromnacht 1938, die Deportation jüdischer Bürger ab 1941 und die Aktion Gewitter im August 1944, während der reichsweit mehrere Tausend Oppositionelle verhaftet wurden, werden eigens auf ihre Auswirkungen für Bonn untersucht. Ein besonderes Augenmerk wird auf das Verhältnis der Polizei zur Bevölkerung und ihr Ansehen bei dieser gelegt.

Wesentliche Voraussetzung zur Erforschung der Geschichte der Bonner Polizei während der NS-Diktatur muß ein überblick über ihre Entwicklung während der Weimarer Republik sein. Da Kontinuitäten und Brüche in der Geschichte der Polizei aufgezeigt werden sollen, soll abschließend ein Ausblick auf die Gründungsgeschichte des Polizeipräsidiums Bonn in den Nachkriegsjahren geboten werden. Mit der Erforschung der Geschichte der Bonner Polizei wird so auch ein wichtiges und bislang weitgehend unerforschtes Stück Stadtgeschichte aufgearbeitet werden.

Erste Ergebnisse des Zeitzeugen-Aufrufs - Literatur- und Quellenlage

Nach Aufrufen im General-Anzeiger, der Bonner Rundschau, der vom nordrhein-westfälischen Innenmisterium bzw. der Polizeigewerkschaft herausgegebenen Zeitschriften "Die Streife" und "Deutsche Polizei" sowie dem Mitteilungsblatt der Bonner Polizei, dem "Insider", meldeten sich verschiedene Zeitzeugen, die Interesse an einer Zusammenarbeit zeigten und in Einzelfällen auch Materialien zur Verfügung stellten. So wurde der Arbeitsgruppe unter anderem ein Fotoalbum mit historischen Polizeiaufnahmen übergeben.

Im Polizeipräsidium Bonn befinden sich nach derzeitigem Wissen - die Recherchen sind noch nicht abgeschlossen - keine Aktenbestände mehr zur nationalsozialistischen Zeit. Gefunden wurde jedoch eine "Stammrolle" der Bonner Polizei, die die persönlichen und dienstlichen Daten der Beamten zur fraglichen Zeit enthält und daher für das Projekt von zentraler Bedeutung ist.

Archivanfragen beim Bundesarchiv Koblenz, dem Nordrhein-Westfälischen Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, dem Kreisarchiv Siegburg und dem Stadtarchiv Bonn brachten umfangreiche Aktenbestände zum Thema zum Vorschein (siehe Anlage). Die in Bonn lagernden Akten konnten bereits stichprobenartig auf ihre Relevanz für das Thema gesichtet werden und erbrachten in jedem Einzelfall einen positiven Befund. Als wertvolle Quellen kommen der Bestand an Zeitungen sowie die Zeitungsausschnitts- und Photosammlung des Archivs hinzu. Da zur Zeit weitere Archive angefragt werden, ist damit zu rechnen, daß sich die ohnehin gute Quellenlage noch weiter verbessern wird.

Zielsetzung

Aufgrund des bislang gefundenen sehr umfangreichen historischen Materials, dessen Sichtung und Auswertung sehr viel Zeit beanspruchen wird, sowie der ebenfalls sehr zeitaufwendigen Befragung von Zeitzeugen wird mit konkreten Ergebnissen des Projektes nicht vor Ende des Jahres 2000 gerechnet. Ziel ist es, die Ergebnisse der öffentlichkeit in einer Ausstellung und einer Publikation mit verschiedenen Aufsätzen zum Thema zu präsentieren. Die Ausstellung soll nach dem Willen der Arbeitsgruppe dabei von vorneherein so konzipiert werden, daß sie später als Wanderausstellung an Bonner Schulen verliehen und für die Aus- und Weiterbildung von Polizeibeamten eingesetzt werden kann.

Ulrich Josten, Ansgar Klein, Armin Schulte im Mai 1999

Der Arbeitskreis sucht noch Zeitzeugen, die uns Material (z.B. wie das o.a. Foto oder Dokumente) oder mündliche Berichte für unsere Forschungen zur Verfügung stellen können.

An einer Mitarbeit oder auch nur temporären Unterstützung interessierte Menschen können sich unter Tel. 0228/152012 mit Helmut Brennecke in Verbindung setzen.

Sie erhalten dann weitere Einzelheiten zum Arbeitskreis und zur möglichen Unterstützung.

BONNER FORUM Bürgerinnen und Polizei e.V. - Römerstr. 88 - 53111 Bonn

An die Presse

Einladung zur Ausstellungseröffnung und zum öffentlichen Themenabend

"Die Polizei im NS-Staat"

05.10.1998

Sehr geehrte Damen und Herren,

begleitend zur sog. "Wehrmachtsausstellung" nimmt sich das Bonner Forum BürgerInnen und Polizei gemeinsam mit der Evangelischen Polizeiseelsorge und unterstützt durch das Polizeipräsidium Bonn des sensiblen Themas "Die Polizei im NS-Staat" an.

Neben der Verstrickung anderer Behörden und Institutionen in den Holocaust ist auch die Rolle der damaligen "normalen" Polizei ein weithin unerforschtes Feld. In der "offiziellen" Polizeigeschichte wie in der Ausbildung junger Polizistinnen und Polizisten ist diese Zeit bis heute noch weitgehend ausgeblendet. Erst in den letzten Jahre haben Untersuchungen verschiedener Wissenschaftler (u. a. Browning, Goldhagen) belegt, daß tausende Polizisten, die während des II. Weltkrieges in sog. "Polizeibataillonen" zusammengefaßt worden waren, Massaker an der Zivilbevölkerung in den besetzten Gebieten Osteuropas und viele andere Verbrechen begangen haben.

Am 6.10.1998, 18.30 Uhr wird in den Räumen des Kommissariats Vorbeugung, Bornheimer Str. 25 eine von der Landespolizeischule Hamburg zusammengestellte Ausstellung über den Einsatz der Polizeibataillone im Il. Weltkrieg eröffnet, die bis zum 30.10.1998 montags bis freitags in der Zeit von 10.00 - 15.00 Uhr kostenlos besichtigt werden kann.

Zur Ausstellungseröffnung werden der Bonner Polizeipräsident Dierk H. Schnitzler und Polizeipfarrer Joachim Müller-Lange kurze Begrüßungsworte sprechen, bevor Wolfgang Kopitzsch, Landespolizeischule Hamburg, durch die Ausstellung führen wird.

Anschließend (19.30 Uhr) beginnt im Nachbargebäude Bornheimer Str. 19 (Polizeiinspektion Mitte) ein Themenabend, bei dem drei Experten mit kurzen Irnpulsreferaten (jeweils ca. 15 Minuten) in die Thematik "Die Polizei im NS-Staat" einführen werden.

Zu Beginn wird Dr. Peter Leßmann-Faust einen Überblick über Organisation und innere Struktur der Polizei im Übergang von der Weimarer Republik zum Dritten Reich geben. Anschließend wird Harald Buhlan, der zur Zeit als Historiker des NS-Dokumentationszentrums Köln die Geschichte der Kölner Polizei zwischen 1933 und 1945 erforscht diese allgemeinen Informationen am Beispiel Köln konkretisieren. Danach wird Wolfgang Kopitzsch über die Beteiligung der Polizeibataillone am Holocaust berichten. Nach einem Diskussions- und Nachfrageblock soll abschließend der Frage nachgegangen werden, was die geschichtlichen Erkenntnisse für die heutige Polizei bedeuten.

Wir wären Ihnen sehr dankbar, wenn Sie auf unsere Veranstaltungen hinweisen würden. Für Fragen stehen wir gern zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Udo Behrendes, Polizeioberrat (Sprecher der "Polizeiseite" des Bonner Forums 0221/9126529 oder privat: 02206/7363) und

Manfred Stenner, Geschäftsführer des Netzwerks Friedenskooperative e.V. (Sprecher der "Bürgerseite" des Bonner Forums ( 0228/692904)

vorläufige Adresse: Römerstraße 88 53111 Bonn ,

Tel. 02 28/69 22 55 Fax 02 28/69 29 06

Spendenkonto: Bonner Forum Bürgerinnen und Polizei e.V. Konto 77 9 33

Sparkasse Bonn "BLZ 380 500 00

PRESSEBERICHT

POLIZEIPRÄSIDIUM BONN

Pressestelle

Foto- und Pressetermin / Polizeipräsident eröffnet Ausstellung "Die Polizei im NS-Staat"

Begleitend zu der sogenannten "Wehrmachtsausstellung", die vor kurzem durch die Oberbürgermeisterin Frau Dieckmann in der Beethovenhalle eröffnet wurde, nimmt sich das "Bonner Forum Bürger/innen und Polizei" gemeinsam mit der Evangelischen Polizeiseelsorge und unterstützt durch das Polizeipräsidium Bonn ebenfalls des sensiblen Themas "Die Polizei im NS-Staat" an.

In diesem Zusammenhang wird vom 06.10.1998 bis 30.10.1998 in den Räumen des Kommissariats Vorbeugung in der Bornheimer Straße 25 eine so betitelte Ausstellung installiert, die von der Landespolizeischule Hamburg zusammengestellt wurde und über den Einsatz der sogenannten Polizei-Bataillone im Zweiten Weltkrieg aufklären soll.

Am Dienstag, den 06.10.1998, 18.30 Uhr, wird diese Ausstellung durch den Bonner Polizeipräsidenten Dierk H. Schnitzler sowie den Polizeipfarrer Joachim Müller-Lange eröffnet, anschließend wird Wolfgang Kopitsch ein Vertreter der Landespolizeischule Hamburg, durch die Ausstellung führen.

Im Anschluß an die Ausstellungseröffnung beginnt gegen 19.30 Uhr im Nachbargebäude des Kommissariats Vorbeugung in der Bornheimer Straße 19 (Polizeiinspektion Mitte) ein Themenabend, bei dem drei Experten mit kurzen Referaten in die Thematik "Die Polizei im NS-Staat" einführen werden. Zu Beginn wird Dr. Peter Leßmann-Faust einen Überblick über Organisation und innere Struktur der Polizei im Übergang von der Weimarer Republik zum Dritten Reich geben, danach wird Dr. Harald Buhlan , der zur Zeit als Historiker des NS-Dokumentationszentrums Köln die Geschichte der Kölner Polizei zwischen 1933 und 1945 erforscht, diese allgemeinen Informationen am Beispiel Köln konkretisieren.

Danach wird Wolfgang Kopitzsch über die Beteiligung der Polizeibataillone am Holocaust berichten. Nach einer Diskussionsrunde soll abschließend der Frage nachgegangen werden, was die geschichtlichen Erkenntnisse für die heutige Polizei bedeuten.

Zur diesen beiden Terminen sind alle interessierten Journalisten/innen herzlich eingeladen.

Rede zur Eröffnung der Ausstellung "Die Polizei im NS-Staat" von Polizeipräsident Dierk H. Schnitzler

Anrede

Polizei im NS-Staat - ist das denn zeitgemäß, ist das eine Ausstellung, die man heute, mehr als 50 Jahre danach, bringen kann, bringen muß; ist das Polizeipräsidium Bonn der richtige Ort für eine solche Ausstellung?

Diese Fragen, meine Damen und Herren, werden sich sicher einige gestellt haben, sie zu stellen, heißt, sie zu beantworten - und die Antwort kann nur heißen: Ja!

Es ist nicht nur das zeitliche Zusammentreffen mit der - verkürzt Wehrmachtsausstellung genannten -Veranstaltung, die zur Zeit in der Beethovenhalle läuft, das die Beschäftigung mit diesem Thema nahelegt. Ich denke, man muß sich immer auch als Angehöriger einer demokratischen Polizei in einem demokratischen Rechtsstaat darüber klar sein, daß dies nicht alles eine Selbstverständlichkeit ist. Schlimmer noch - Selbstverständlichkeiten definieren sich von Zeit zu Zeit sehr unterschiedlich und das jedenfalls in Zeiten des Unrechts. Herr Polizeipräsident Roters aus Köln, den ich sehr herzlich in Bonn begrüße, hat im Keller seines Präsidiums Unterlagen gefunden, die dies sehr eindringlich belegen. Hierüber wird heute abend bei dem öffentlichen Themanabend Herr Dr. Buhlan referieren, der das Projekt "Kölner Polizei im Nationalsozialismus!" durchführt.

Hier und heute geht es nicht um die Antwort auf die Frage, ob auch Polizeibeamte in Bonn in den schrecklichen Jahren zwischen 1933 und 45 an Unrechtsmaßnahmen eines verbrecherischen Systems mitgewirkt haben, ob sie persönliche Schuld auf sich geladen haben. Es ist keine Bonner Ausstellung, sondern die Hamburger Ausstellung, die allerdings in ihrer Aussage nicht auf Hamburg beschränkt ist.

Es ist geschichtlich erwiesen, daß auch die Polizei im Dritten Reich - in weiten Teilen vom Unrechtssystem vereinnahmt worden ist. Die Exponate hier belegen dies überdeutlich. Wir wissen, daß Polizeieinheiten, die berüchtigten "Polizeibataillone", die hinter der Wehrmacht in die Länder kamen, die Ziel eines unmenschlichen Vernichtungsfeldzuges waren, unfassbares menschenfeindliches Verhalten an den Tag gelegt haben. Wir wissen weiterhin, daß auch Polizeibeamte in der Heimat in diesen Jahren persönliche Schuld auf sich geladen haben. Dies alles hat aber nicht auf einem fernen Planeten stattgefunden, sondern hier, in Deutschland, auch im fröhlichen Rheinland. Und es hat - auch dies ist geschichtliche Wahrheit - in diesem Land, in einem Teil dieses Landes, bis 1989 stattgefunden, wenn auch nicht in der massierten äußersten Unmenschlichkeit wie in der NS-Zeit. Und es finden solche Untaten auch heute noch statt, nicht bei uns, zum Glück, aber gar nicht so weit von uns entfernt in einem Land, in dem fast jeder schon einmal in Urlaub war, nach nur einer Tagereise mit dem Auto, nach nur einem einstündigen Flug, im früheren Jugoslawien. Die aktuelle Berichterstattung über die Verhältnisse im Kosovo kennen Sie alle - und diese sind schlimm. Es sind nach diesen Berichten serbische Polizeieinheiten, die sich im Malträtieren der notleidenden Bevölkerung besonders hervortun.

In den Räumen des Kommissariates "Vorbeugung", in denen wir uns befinden, finden häufig Ausstellungen statt, die zwanglos unter dem Begriff - "Prävention" zusammengefasst werden können. Themen waren z. B. Gewalt gegen Frauen, Gewalt auf dem Schulhof, Gewalt gegen Ausländer - und auch diese Ausstellung dient in meinen Augen der Prävention. So etwas - nämlich die Mitwirkung an unmenschlichen Unterdrückungsmaßnahmen - darf sich bei uns nicht wiederholen oder, um den Herrn Bundespräsidenten zu zitieren: "Wir tragen Verantwortung dafür, daß sich so etwas nie mehr wiederholt."

Dies muß sich ein jeder deutlich vor Augen halten - und es gibt ja Versuchungen für den Machtmissbrauch auch in demokratischen Staaten. Jeder Polizeiangehörige muß sich dessen bewußt sein. Die Uniform, die das äußere Zeichen der vom Staat verliehenen Macht, das Zeichen des staatlichen Machtmonopols, kann auch zum Mißbrauch verführen. Dies ist nun nicht die Norm in Bonn oder anderswo in unserem Land und es würde auch nicht von der Führung geduldet, aber es gilt, -durch Bewußtmachung vorzubeugen. Und Mißbrauch kann ja klein anfangen, z.B. durch kleinliche und überspitzte Durchführung an sich angezeigter Maßnahmen, durch nicht mit der Menschenwürde zu vereinbarenden Umgang mit Mitmenschen, auch wenn sie Delinquenten sein mögen, durch Ausspielen einer Überlegenheitssituation.

Es ist ja auch eine Lehre der Geschichte, daß es nicht eine abzugrenzende Gruppe von Menschen gibt, die prädestiniert sind, Machtmißbrauch zu betreiben und auf die man deswegen mit den Fingern zeigen könnte mit dem Pharisäerspruch "Herr, ich danke Dir, daß ich nicht so bin wie diese!" Wenn es so einfach wäre! Wie nachzulesen bei Browning und anderen waren es "Ganz normale Männer", auch normale Polizisten, die sich als Herren über Leben und Tod gefielen, mit und ohne Befehl.

Indem wir uns dieser bitteren Erkenntnis stellen, tun wir einen wichtigen Schritt, eine Wiederholung zu verhindern. Dies ist das Verdienst dieser Ausstellung. Sie ist hier in Bonn und im Polizeipräsidium am Platze wie in jeder anderen Polizeidienststelle in unserem Land. Sie verdient es, daß man sich mit ihr auseinandersetzt und ihren Veranstaltern - für sie stellvertretend nenne ich Herrn Wolfgang Kopitzsch von der Hamburger Polizeischule, schulden wir unseren Dank - ebenso den Sprechern des Bonner Forums - Herrn Behrendes und Herrn Stenner, die die Anregung aufgegriffen haben, diese Ausstellung im Kontext zu Wehrmachtsausstellung nach hier zu holen, sowie Herrn Polizeipfarrer Müller-Lange und Herrn Dr. Leßmann-Faust vom Bildungszentrum der IPA, die durch ihre Begrüßungsworte bzw. durch ihre Mitwirkung an dem Themenabend nach dieser Eröffnung zur Schärfung unseres Bewußtseins beitragen werden.

Grußwort zur Ausstellung "Die Polizei im NS-Staat"

von Polizeipfarrer Joachim Müller-Lange

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

der Geschichte der Polizei kann man sich auf unterschiedliche Weise nähern. So kann man Uniformen sammeln, Orden und Abzeichen, Ausrüstungsgegenstände und damit ein anschauliches Bild von Polizei liefern.

Aber eines sieht man dann nicht: Wes Geistes Kind die Menschen waren, die zu der jewiligen Zeit die Polizei verkörpeten.

Aber gerade das lag uns am Herzen, wahrzunehmen, was sind das für Menschen, die in dem Hitler-Staat die innere Sicherheit repräsentierten.

Das Bonner Forum BürgerInnen und Polizei und die Evangelische Polizeiseelsorge freuen sich daher, Ihnen die Ausstellung der Landespolizeischule Hamburg präsentieren zu können. Durch eine Vielzahl von ausgesuchten Dokumenten und Bildern wird hier deutlich, welche Rolle und welchen Standort die Polizei im NS-Staat hatte.

Die Ausstellung zeigt nicht den Alltag polizeilicher Arbeit und nicht die Arbeit der Polizei in Bonn, sondern vielmehr ihre Verstrickung in das nationalsozialistische Welt- und Menschenbild, ihre Mitwirkung bei der Endlösung, vor allem im Osten durch die Arbeit der Polizeibataillone hinter der Front.

Das Bonner Forurn BürgerInnen und Polizei und die Evangelische Polizeiseelsorge wünschen sich, daß mit dieser Ausstellung eines deutlich wird: Diese Geschichte der Polizei darf sich nicht wiederholen. Und. Polizei muß ihre Rolle und ihren Standort immer wieder neu positionieren im demokratischen Rechtsstaat.

An dieser Stelle einen herzlichen Dank an den Polizeipräsidenten Dierk Henning Schnitzler für die Möglichkeit, diese Ausstellung in den Räumen der Polizei Bonn auszustellen und besonders dem Kommissariat Verbeugung, dessen Mörtlichkeiten wir nützen können.

Und nun wird Sie der Initiator und Gestalter der Ausstellung, der Pädagogische Leiter der Landespolizeischule Hamburg, Wolfgang Kopitzsch ausführlich in die Hintergründe und Inhalte dieser Ausstellung einführen,

Joachim Müller-Lange